St. Patrick's Day

An St. Patrick's Day stand ich morgens auf zu einer Uhrzeit, als einige Iren schon ziemlich betrunken waren.
Mein Lieblings-Ex-Mitbewohner ist gerade wieder in der Stadt, und wir hatten uns verabredet fuer die Parade.
Es regnete in Stroemen, was uns und einige Touristen mit grünen Hüten und einige Familien mit grünen Kindern nicht davon abhielt, uns links und rechts der Shop Street zu drängen, um zu gucken.
"Ein Polizist auf einem Fahrrad! Ein Polizist auf einem Fahrrad!" rief Karen ganz aufgeregt.
"Ja... und?"
"Fotografier ihn! Oh mein Gott! Ich hab noch nie vorher einen Polizisten auf einem Fahrrad gesehen!"
Also fotografierten wir den Polizisten auf dem Fahrrad und wunderten uns ein bißchen.
Ein Polizist auf einem Pferd ist keine Bemerkung wert, aber ein Polizist auf einem Fahrrad ist so sensationell, dass man ihn fotografieren muss?
Iren...
"Wann kommt denn St. Patrick?" fragt das grüne Kind vor uns seine Mutter.
"Gleich, Schatz," sagt die Mutter, "vielleicht schenkt er dir sogar was."
Hinter dem Polizisten auf dem Fahrrad kommt die Parade anmarschiert: nasse Schulkinder mit feadogs, sehr langsam fahrende Oldtimer mit so quäkenden Hupen,
als Schlangen verkleidete Tänzerinnen, die sehr überzeugend zischen und versuchen, den Kindern Angst zu machen, eine Gruppe Behinderter, die sich als Schafe verkleidet haben und von als Schäfern verkleideten Pflegern durch die Shop Street gescheucht werden, eine Vertretung der philippinischen und nigerianischen Bevoelkerung Galways
("Warum eigentlich keine Vertretung der polnischen Bevoelkerung Galways?"
"Weil die dann 90% der Parade ausgemacht hätte, hihi."), und ein paar Schotten mit Dudelsäcken dürfen auch mitlaufen.
Das grüne Kind vor uns wird nicht enttäuscht: nicht nur einer, sondern gleich drei St. Patricks marschieren an uns vorbei, erkenntlich an dem grünen Bischofshut und dem Versuch, Würde auszustrahlen und gleichzeitig Spass zu haben.
Einer schenkt dem Kind auch was, grün eingepackte Schokolade oder dergleichen.

kind

Als die Parade vorbei ist, triefen wir alle vor Nässe und ich bin einmal mehr froh, in der Innenstadt zu wohnen. Zu fünft pilgern wir in den Schmutzigen Baum (dirty-tree Abbeygate Street - hab ich schon erwähnt, dass die Iren kein th koennen?), hängen unsere triefenden Jacken zum Trocknen auf, trinken heißen Tee und foehnen unsere Handys.
Miriam hat einen St. Patrick's Day-Button vom letzten Jahr. Ich pinne ihn an meinen Hut in dem Wissen, dass die meisten sowieso schon zu betrunken sind um zu wissen, ob es 2006 oder 2007 ist.
Wieder halbwegs getrocknet ziehen wir weiter in die Cellar Bar, wo ich drei wichtige Zutaten zu einem gelungenen Paddy's Day finde: ein Rugby-Spiel Irland gegen Italien auf Großleinwand, Guiness und einen waschechten Leprechaun.
Irischer Rugby! So ganz habe ich es den Italienern immer noch nicht verziehen, dass sie unsere Fussball-WM auf so unlautere Weise gewonnen haben und kann es jetzt in vollen Zügen genießen zu sehen, wie die italienische Rugbymannschaft von keltischen Schränken in grünen Hemden auseinandergenommen werden.
Die Stimmung tobt, das Guiness fließt in Stroemen.
Zwischen den Beinen der jubelnden Fans (Endstand: 24-51, muhaha), krabbelt ein Toddler herum, ein ungefähr anderthalb Jahre altes Kind in irischem Rugby-Trikot, wird von seiner Großmutter unter einem Tisch hervorgefischt und die ganze zweite Halbzeit lang geknuddelt und geherzt.
Es ist drei Uhr nachmittags, aber es fühlt sich an wie spät am Abend.

Gerade als die Euphorie ein wenig nachlässt, taucht Tommy auf, der Leprechaun aus meinem Chor. Auch wenn er voellig normal angezogen durch die Gegend läuft, wird er sofort als Leprechaun erkannt (ich sag nur: "I'm trying to make a film for this leprechaun guy"), aber heute trägt er nicht nur einen grünen Leprechaun-Hut, sondern auch eine Pfeife im Mund (kalt natürlich, is' ja Rauchverbot) und einen Topf mit Gold in der Hand.
Also, mit in Goldpapier eingepackten Schoko-Münzen, die er großzügig verteilt.

Als wir die Cellar Bar verlassen, ist es fünf Uhr nachmittags.
Meine Erinnerung an den Rest des Tages ist ein wenig verschwommen.
roisindubh - 20. Mär, 13:25

sehr geil das Bild!
Wo hast das denn her?

hirnklatsche - 20. Mär, 13:36

tjaaaa.... irgendwo aus den tiefen des internets.

um ehrlich zu sein: das bild ist sogar vom letzten jahr, genauso wie miriams button.
deswegen sieht das kind auch so trocken aus.
andy-u - 20. Mär, 13:46

Letztes Jahr? Hat es da nicht geregnet?

Glaube ich nicht. Irland ohne Regen? Gibts nicht ...

Gestern hats übrigens geschneit in Bamberg ...

hirnklatsche - 21. Mär, 13:51

letztes jahr...

... hat es zumindest während der parade nicht oder kaum geregnet.

warum schneit es eigentlich immer in deutschland, wenn ich nicht da bin?
roisindubh - 21. Mär, 16:53

aber es schneit doch auch hier... oder hagelt vielmehr.
Bzw. manchmal ist das auch etwas unscharf, deswegen habe ich den Begriff "Schnagel" incl. dem Verb "schnageln" eingefuehrt (engl. uebrigens: snail -> snailing)
Soll's heute ja auch wieder tun, bin ja mal gespannt.

Die Kleine sieht aber trotzdem aus, so vom gecapture-ten Ausruck als waer sie durch den diesjaehrigen Regen mit letztjaehriger Plakette gelaufen... hat was traurig-suesses

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