Das Gute daran, jemanden in Galway zu kennen, wenn man dort Auslandssemester machen will, ist, dass man für lau bei ihm übernachten kann. Nachteilhaft ist es allerdings, wenn der betreffende Bekannte gut 10 Kilometer außerhalb von Galway wohnt, vor allem, wenn man mit 30 Kilo Gepäck und völlig erschlagen am Busbahnhof in der Innenstadt ankommt.
Aber schön war es doch, dass jemand da war, der mich zur Begrüßung in den Arm genommen hat. Steve hatte beinah noch tiefere Augenringe als ich und teilte sich ein Taxi mit mir, nach Barna, wo er wohnt.
Auf dem Rückweg in die Innenstadt wollte ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden: Geld sparen, indem ich zu Fuß am Meer entlang in die Innenstadt spazierte. Am Meer entlang! In MEINE Stadt! MEIN Galway! Ieeeeeeeeeeeeeeee!
Sonne jagte Regen jagte Sonne, beide wechselten sich im Fünfminutentakt ab und ich, ich hatte meinen Hut auf und meine Polizeistiefel an und war glücklich.
Zwischen mir und dem Meer: Hügel, Wäldchen, Weiden mit Pferden drauf, manchmal Häuser. Häuser, wie Häuser an der Westküste von Irland halt aussehen: grau, dunkle Dächer, Vorgarten.
In einem dieser Vorgärten stand ein alter Mann und stocherte mit einem Spaten in einem Blumenbeet, als urplötzlich aus seiner Haustür eine ältere Dame herausgeschossen kam und an ihm vorbei zielsicher auf mich zulief.
"Darling!" schrie sie entzückt, "look at that girl! Isn't she lovely?"
Sie kam direkt vor mir zum Stehen, Begeisterung in jeder Falte ihres faltenreiches Gesichts.
"Where are you from, my dear?"
"Äh... Germany," erwidere ich verwirrt.
"Oh, how wonderful! My husband speaks German! I'll get you some Cookies."
Mit diesen Worten verschwand die irische Oma wieder in der Haustür und ließ mich mit ihrem verdutzten Ehemann zurück, der eben noch so friedlich in seinem Blumenbeet gestochert hatte. Verlegen begann er ein Gespräch mit mir, das mit "Guten Tag," begann, dann aber der Bequemlichkeit halber auf Englisch weitergeführt wurde.
Er hatte mal für Guiness gearbeitet, erzählt er, und da war er öfter in Deutschland unterwegs und....
Seine Frau kommt wieder aus der Tür gewieselt, einen Teller mit Keksen in der einen und ein Glas Limonade in der anderen Hand.
Die Situation hätte sich nur unwesentlich verändert, wenn es eine Schüssel Milch gewesen wäre, die sie vor mich auf den Boden gestellt hätte, und ich hätte mich auf Hände und Knie davor niedergelassen und die Milch direkt aus der Schüssel mit der Zunge aufgeschleckt.
Aber nein, es ist Zitronenlimonade in einem Glas und Schokoladenkekse auf einem Teller. Ich nehme dankend an, wir schwatzen noch ein bißchen an der Gartenmauer, dann grüße ich mit meinem Hut und ziehe lächelnd weiter.
Philemon und Baucis, denke ich im Weitergehen.
Irland hat Hallo gesagt in Gestalt einer fürsorglichen Omi - nein, Irland hat "miez, miez, miez" gesagt.
Miau.
hirnklatsche - 23. Aug, 21:34