vivat academia, vivat professores
die uni hat angefangen. heute morgen musste ich das erste mal aufstehen, um rechtzeitig in der uni zu sein. ich befuerchtete schon das schlimmste: primitive und zum gaehnen langweilige first-year-seminare auf kollegstufenniveau, oder noch schlimmer: unverstaendlich halbgaelisch nuschelnde professoren mit dicken roten nasen, die es mir unmoeglich machen, dem vorlesungsverlauf zu folgen.
so war es bisher nicht, gottlob. sogar das philosophieseminar ueber deutschen idealismus, das ich aus reinem uebermut belegt habe, war nicht nur absolut verstaendlich, sondern scheint sogar etwas zu bringen. eigenartig, sich von einer irischen dozentin was ueber deutsche philosophie anzuhoeren. die weiss mehr als ich. verdammt.
in der mittagspause kaufte ich mir so eine komische telefonkarte, die billige tarife ins ausland versprach. die frau, die mir die karte verkaufte, wirkte so gestresst, dass ich mich nicht fragen traute, ob diese karten fuer muenzfernsprecher oder fuer handys gedacht sind. fuenf minuten spaeter stand ich etwas ratlos vor einem oeffentlichen telefon, die es auf dem campus in rauen mengen gibt, kramte meinen geldbeutel aus dem rucksack und die karte aus meinem geldbeutel und drueckte hilflos auf den tasten herum. das telefon protestierte tutend und weigerte sich, irgendwas zu machen, ohne dass muenzen eingeworfen wurden.
also handy. das war gut, denn mit dem handy konnte ich irgendwo telefonieren, wo es ruhig war und nicht dauernd irgendwelche schnatternden siebzehnjaehrigen maedels in milimeterkurzen roeckchen an mir vorbeistoeckelten.
ich fand einen leeren seminarraum mit blick auf den fluss und rief meine eltern an.
nach einigem wie-geht-es-euch-mir-geht-es-gut-smalltalk begann ich, nach meinem geldbeutel zu kramen, weil mein vater meine irische bankverbindung haben wollte. kramte und smalltalkte weiter. raeumte den ganzen rucksack aus, immer noch smalltalkend. leerte den rucksack vollstaendig auf den boden aus, raeumte ihn wieder ein. kein geldbeutel.
"aeh, ich ruf gleich nochmal zurueck" in den hoerer gestammelt, aufgelegt und wie eine furie durch die gaenge der universitaet geraset, mehrere gruppen von schnatternden siebzehnjaehrigen auseinanderscheuchend.
vor den muenzfernsprechern in einer bremsspur zum stehen gekommen.
kein geldbeutel.
nicht auf dem boden, nicht auf den telefonen.
natuerlich war ALLES in diesem geldbeutel, kreditkarte, studentenausweis, personalausweis, um gottes willen.
angefangen, leute zu fragen, ob sie einen braunen geldbeutel gesehen haben. keiner hatte ihn gesehen, aber einer sagte, ich solle doch im pfoertnerbuero fragen, da wird sowas normalerweise abgegeben.
im pfoertnerbuero sitzt kein rothaariger pfoertner mit einer dicken roten nase, sondern eine huebsche junge dunkelhaarige frau - wie meine "german idealism"-dozentin, die auch so huebsch und dunkelhaarig ist.
ein brauner geldbeutel, ja. dick, mit einer schnur drumrum. wie ist ihr name? ok.
die huebsche dunkelhaarige steht auf, tippt einen PIN-code in eine tresortuer und reicht mir meinen geldbeutel.
bitteschoen.
alle engel des himmels singen "gloria in excelsis deo" in meinem kopf, waehrend ich glueckselig in mein telefonierzimmer zuruecktaumle und meine eltern nochmal anrufe. alles in ordnung, ja.
erst als ich auflege, komme ich auf den gedanken, den geldbeutel mal aufzumachen, um zu gucken, ob was fehlt.
perso ist noch da, kreditkarte, studentenausweis, deutsch und irisch, und... das geld ist weg. ich hatte extra viel auf einmal abgehoben, weil das von meinem deutschen konto ja gebuehren kostet, und jetzt ist es weg.
futsch.

the thieves! the thieves! the filthy, filthy thieves! they sssstole it from us, my precious! gollum!
geifernd krieche ich durch die gaenge. die gruppen kichernder siebzehnjaehriger wuerdigen mich keines blickes, scheinen mein wuetendes zischeln kaum wahrzunehmen. immerhin bin ich in einem land, in dem es massenhaft elfen gibt, und wer weiss, was noch. da faellt ein gollum mehr oder weniger auch nicht auf.
ich finde den dieb. ich werde ihn finden, wer auch immer das war, und dann werde ich ihm den arsch aufreissen, so wahr mir gott helfe.
die frau im pfoertnerbuero weiss nicht mehr, wie der typ aussah, der den geldbeutel abgegeben hat. hier kommen taeglich so viele leute rein, laechelt sie entschuldigend. ich erklaere ihr, dass mein geld fehlt, und sie sagt oh, that's terrible.
das ist es, wahrlich.
sie weiss nicht mehr, wie der typ aussah, aber er hatte den geldbeutel auf dem klo gefunden, haette er gesagt.

ich setze meine karierte muetze auf und zuende mir erstmal eine pfeife an.
auf dem klo, soso.
das letzte mal, dass ich heute auf dem klo war, war heute morgen in meiner wohnung. der dieb kann jedoch unmoeglich in meine wohnung eingedrungen sein, um den geldbeutel von meinem klo zu stehlen, denn in der uni hatte ich den geldbeutel ja noch. das letzte mal, dass ich den geldbeutel bewusst in der hand gehalten hatte, war, als ich diese komische telefonkarte in dem shop auf dem campus gekauft habe. ich hatte mit einem 50-euro-schein gezahlt, die gestresste verkaeuferin koennte also bezeugen, dass viel geld in dem geldbeutel war.
seit ich die telefonkarte gekauft hatte, war ich nicht mehr auf dem klo gewesen.
derjenige, der den geldbeutel im pfoertnerbuero abgegeben hatte, war also, wenn er die wahrheit gesagt hat und den geldbeutel tatsaechlich auf dem klo gefunden hat, nicht derjenige, der ihn urspruenglich gefunden hatte.
vermutlich hatte ich den geldbeutel bei meinem vergeblichen versuch mit dem muenzfernsprecher dort liegen lassen, denn vom den shop, wo ich die karte gekauft hatte, war ich direkt zum telefon gegangen.
paff, paff.
kombiniere: derjenige, der den geldbeutel als erster gefunden hat, hat ihn mit aufs klo genommen, dort das geld rausgenommen und ihn dort liegen lassen. jemand anders hat den leeren geldbeutel dort gefunden und seinen ethischen grundsaetzen getreu zum pfoertnerbuero gebracht.
vermutlich war er idealist, vielleicht sogar deutscher. auf jeden fall hat er kant gelesen.
wir haben also einen dieb und einen pflichtethiker, und von beiden weiss ich nur, dass sie wahrscheinlich maennlich sind, denn der pflichtethiker war laut aussage der pfoertnerin ein mann, hat den geldbeutel also wahrscheinlich auf dem maennerklo gefunden.
tja. bei der masse von leuten, die hier herumrennt, ist es voellig aussichtslos, mit diesen mageren informationen einen von beiden zu finden. aussichtslos fuer die gardai, die immer so beleidigt sind, wenn man sie als "policemen" bezeichnet, und aussichtslos sogar fuer mich, die ich ueber eine brillante kombinationsgabe, weibliche intuition und einen eklatanten mangel an mitleid mit dreckigen, dreckigen dieben verfuege, gollum.
so war es bisher nicht, gottlob. sogar das philosophieseminar ueber deutschen idealismus, das ich aus reinem uebermut belegt habe, war nicht nur absolut verstaendlich, sondern scheint sogar etwas zu bringen. eigenartig, sich von einer irischen dozentin was ueber deutsche philosophie anzuhoeren. die weiss mehr als ich. verdammt.
in der mittagspause kaufte ich mir so eine komische telefonkarte, die billige tarife ins ausland versprach. die frau, die mir die karte verkaufte, wirkte so gestresst, dass ich mich nicht fragen traute, ob diese karten fuer muenzfernsprecher oder fuer handys gedacht sind. fuenf minuten spaeter stand ich etwas ratlos vor einem oeffentlichen telefon, die es auf dem campus in rauen mengen gibt, kramte meinen geldbeutel aus dem rucksack und die karte aus meinem geldbeutel und drueckte hilflos auf den tasten herum. das telefon protestierte tutend und weigerte sich, irgendwas zu machen, ohne dass muenzen eingeworfen wurden.
also handy. das war gut, denn mit dem handy konnte ich irgendwo telefonieren, wo es ruhig war und nicht dauernd irgendwelche schnatternden siebzehnjaehrigen maedels in milimeterkurzen roeckchen an mir vorbeistoeckelten.
ich fand einen leeren seminarraum mit blick auf den fluss und rief meine eltern an.
nach einigem wie-geht-es-euch-mir-geht-es-gut-smalltalk begann ich, nach meinem geldbeutel zu kramen, weil mein vater meine irische bankverbindung haben wollte. kramte und smalltalkte weiter. raeumte den ganzen rucksack aus, immer noch smalltalkend. leerte den rucksack vollstaendig auf den boden aus, raeumte ihn wieder ein. kein geldbeutel.
"aeh, ich ruf gleich nochmal zurueck" in den hoerer gestammelt, aufgelegt und wie eine furie durch die gaenge der universitaet geraset, mehrere gruppen von schnatternden siebzehnjaehrigen auseinanderscheuchend.
vor den muenzfernsprechern in einer bremsspur zum stehen gekommen.
kein geldbeutel.
nicht auf dem boden, nicht auf den telefonen.
natuerlich war ALLES in diesem geldbeutel, kreditkarte, studentenausweis, personalausweis, um gottes willen.
angefangen, leute zu fragen, ob sie einen braunen geldbeutel gesehen haben. keiner hatte ihn gesehen, aber einer sagte, ich solle doch im pfoertnerbuero fragen, da wird sowas normalerweise abgegeben.
im pfoertnerbuero sitzt kein rothaariger pfoertner mit einer dicken roten nase, sondern eine huebsche junge dunkelhaarige frau - wie meine "german idealism"-dozentin, die auch so huebsch und dunkelhaarig ist.
ein brauner geldbeutel, ja. dick, mit einer schnur drumrum. wie ist ihr name? ok.
die huebsche dunkelhaarige steht auf, tippt einen PIN-code in eine tresortuer und reicht mir meinen geldbeutel.
bitteschoen.
alle engel des himmels singen "gloria in excelsis deo" in meinem kopf, waehrend ich glueckselig in mein telefonierzimmer zuruecktaumle und meine eltern nochmal anrufe. alles in ordnung, ja.
erst als ich auflege, komme ich auf den gedanken, den geldbeutel mal aufzumachen, um zu gucken, ob was fehlt.
perso ist noch da, kreditkarte, studentenausweis, deutsch und irisch, und... das geld ist weg. ich hatte extra viel auf einmal abgehoben, weil das von meinem deutschen konto ja gebuehren kostet, und jetzt ist es weg.
futsch.

the thieves! the thieves! the filthy, filthy thieves! they sssstole it from us, my precious! gollum!
geifernd krieche ich durch die gaenge. die gruppen kichernder siebzehnjaehriger wuerdigen mich keines blickes, scheinen mein wuetendes zischeln kaum wahrzunehmen. immerhin bin ich in einem land, in dem es massenhaft elfen gibt, und wer weiss, was noch. da faellt ein gollum mehr oder weniger auch nicht auf.
ich finde den dieb. ich werde ihn finden, wer auch immer das war, und dann werde ich ihm den arsch aufreissen, so wahr mir gott helfe.
die frau im pfoertnerbuero weiss nicht mehr, wie der typ aussah, der den geldbeutel abgegeben hat. hier kommen taeglich so viele leute rein, laechelt sie entschuldigend. ich erklaere ihr, dass mein geld fehlt, und sie sagt oh, that's terrible.
das ist es, wahrlich.
sie weiss nicht mehr, wie der typ aussah, aber er hatte den geldbeutel auf dem klo gefunden, haette er gesagt.

ich setze meine karierte muetze auf und zuende mir erstmal eine pfeife an.
auf dem klo, soso.
das letzte mal, dass ich heute auf dem klo war, war heute morgen in meiner wohnung. der dieb kann jedoch unmoeglich in meine wohnung eingedrungen sein, um den geldbeutel von meinem klo zu stehlen, denn in der uni hatte ich den geldbeutel ja noch. das letzte mal, dass ich den geldbeutel bewusst in der hand gehalten hatte, war, als ich diese komische telefonkarte in dem shop auf dem campus gekauft habe. ich hatte mit einem 50-euro-schein gezahlt, die gestresste verkaeuferin koennte also bezeugen, dass viel geld in dem geldbeutel war.
seit ich die telefonkarte gekauft hatte, war ich nicht mehr auf dem klo gewesen.
derjenige, der den geldbeutel im pfoertnerbuero abgegeben hatte, war also, wenn er die wahrheit gesagt hat und den geldbeutel tatsaechlich auf dem klo gefunden hat, nicht derjenige, der ihn urspruenglich gefunden hatte.
vermutlich hatte ich den geldbeutel bei meinem vergeblichen versuch mit dem muenzfernsprecher dort liegen lassen, denn vom den shop, wo ich die karte gekauft hatte, war ich direkt zum telefon gegangen.
paff, paff.
kombiniere: derjenige, der den geldbeutel als erster gefunden hat, hat ihn mit aufs klo genommen, dort das geld rausgenommen und ihn dort liegen lassen. jemand anders hat den leeren geldbeutel dort gefunden und seinen ethischen grundsaetzen getreu zum pfoertnerbuero gebracht.
vermutlich war er idealist, vielleicht sogar deutscher. auf jeden fall hat er kant gelesen.
wir haben also einen dieb und einen pflichtethiker, und von beiden weiss ich nur, dass sie wahrscheinlich maennlich sind, denn der pflichtethiker war laut aussage der pfoertnerin ein mann, hat den geldbeutel also wahrscheinlich auf dem maennerklo gefunden.
tja. bei der masse von leuten, die hier herumrennt, ist es voellig aussichtslos, mit diesen mageren informationen einen von beiden zu finden. aussichtslos fuer die gardai, die immer so beleidigt sind, wenn man sie als "policemen" bezeichnet, und aussichtslos sogar fuer mich, die ich ueber eine brillante kombinationsgabe, weibliche intuition und einen eklatanten mangel an mitleid mit dreckigen, dreckigen dieben verfuege, gollum.
hirnklatsche - 5. Sep, 16:12
the thieves!!!
jawohl!
war heute bei den gardai und der campus security, und keiner kann mir helfen, obwohl die ganze uni voller sicherheitskameras hängt. aber die zeigen halt in die falsche richtung.